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Demokratie direkt auf das Smartphone

Drei Schaffhauser haben ein Start-up gegründet, welches das digitale Unterschriftensammeln in der gesamten Schweiz ermöglichen soll. Sie wollen dazu beitragen, die politische Mitwirkung zu stärken.

13.07.2021, 06:00 Uhr / Quelle: Schaffhauser Nachrichten

Demokratie direkt auf das Smartphone

«E-Collecting» soll politische Beteiligung fördern

Dieser Beitrag wurde im Original auf shn.ch am 13.07.2021 veröffentlicht.

Drei Schaffhauser haben ein Start-up gegründet, welches das digitale Unterschriftensammeln in der gesamten Schweiz ermöglichen soll. Sie wollen dazu beitragen, die politische Mitwirkung zu stärken.

von Marco Bähler

«Wir kaufen im Internet ein, machen unsere Steuererklärung online, er­ledigen Bankgeschäfte und lesen Zeitung. ­Warum sollte es also nicht gehen, online ein Volksbegehren zu unterschreiben?», sagt ­Fabian Bolli. Mit zwei Partnern hat er für das Start-up «liitu» einen Prototyp entwickelt, mit dem man Unterschriften online sammeln oder unterschreiben kann. Schaffhauser Kantonsbürger können mit ihrer eID+ auf der Website owlly.ch zurzeit eine fiktive Initiative über Velorouten unterschreiben. So ermöglicht das Projekt Owlly das elektronische Unterschriftensammeln. «Schaffhausen hat mit der eID+ die idealen Voraussetzungen für das E-Collecting geschaffen», so Sandro Scalco, CEO von liitu.

Owlly soll die Teilnahme an der Demokratie vereinfachen – zum Beispiel für Menschen, die nicht mobil sind. Es habe sich herausgestellt, dass etwa 25 Prozent der User, die bereits Programme nutzen, mit welchen man sich für Vereinsanlässe meldet oder Anträge unterstützt, wie WeCollect oder Doodle, das Pensionsalter erreicht haben. Ihr Ziel sei nicht nur die technische Bereitstellung einer Plattform, sondern auch die Sensibilisierung für das E-Collecting. «Um das Misstrauen gegenüber dem Digitalen zu reduzieren, wollen wir die Bevölkerung aufklären», sagt Scalco. Dafür bietet die Website owlly.ch unter anderem auch ein Frage-Antwort-Tool an. Rechtliche Grundlage fehlt noch

Neben Owlly ist Scalco auch einer der Köpfe hinter der Volksmotion «E-Collecting». «Wir wollen aber die Volksmotion vom Projekt Owlly trennen. Unser Prototyp würde schweizweit funktionieren, leider sind die Kantone entweder technisch noch nicht so weit, und dort, wo sie bereit wären, fehlt die rechtliche Grundlage.»

So sei man neben Schaffhausen auch mit anderen Kantonen im Gespräch. Auch der Kanton Zürich ist daran, eine Grundlage für das E-Collecting zu schaffen, St. Gallen und Basel-Stadt wollen ebenfalls eine Lösung entwickeln. Dass dies datentechnisch nicht sicher sei, lassen die drei Schaffhauser nicht gelten. Scalco erklärt: «Die Daten werden, bis das entsprechende Volksbegehren eingereicht ist, gespeichert und danach gelöscht. Nur die unterschreibende Person kann sehen, dass sie dieses Begehren unterstützt.» Wenn man auf der Strasse unterschreibt, können andere die Namen einsehen, was aus Sicht des Datenschutzes viel bedenklicher ist. E-Collecting soll die schriftliche Unterzeichnung aber nicht ersetzen, sondern ergänzen und das Unterschriftensammeln in das digitale Zeitalter führen.

«E-Collecting fördert die Partizipation und die Teilhabe der Bevölkerung an der Politik. Im schweizerischen Selbstverständnis der direkten Demokratie ist das in jedem Fall etwas Erstrebenswertes. Die Demokratie wird dadurch gestärkt», so Bolli.

Schaffhausen solle nun den Mut haben, als Pionier im E-Collecting in Zusammenarbeit mit Owlly ein Pilotprojekt zu starten. Nur so könne man auch herausfinden, wie sich das auf die heutige Politik und Volksbegehren auswirke. Sonst drehe sich die Diskussion nur um das «Was wäre, wenn …», sagt Scalco – und das, obwohl die technischen Grundlagen bereits existieren und in Ländern wie Estland funktionieren.

Von dort hat Scalco auch die Idee. «Ich war 2018 in Estland und habe da die E-ID kennengelernt. Im gleichen Jahr wurde in Schaffhausen die eID+ eingeführt. Zusätzlich besuchte ich einen Vortrag, in dem es um das Unterschriftensammeln im Internet ging.» Diese zwei Dinge wollte der CEO im Rahmen seiner Masterarbeit verbinden.

2020 gründete Scalco das Start-up «liitu» und holte die zwei Schaffhauser Jonathan Dotzler und Fabian Bolli mit an Bord. Das Ziel war für die drei klar: mehr Beteiligung an der Demokratie für die Bevölkerung. Daher auch der Name des Projekts Owlly. Die Eule (englisch Owl) ist das Wappentier Athens, der Gründungsstadt der Demokratie.

Owlly wird hauptsächlich finanziert durch die Stiftung Mercator Schweiz im Rahmen des Prototype Fund. Gratis könne man den Prototyp den Kantonen nicht anbieten, es müssten die Unterhalts- und Weiterentwicklungskosten gedeckt werden. Das grosse Geld wolle liitu mit Owlly aber nicht machen. Scalco sagt: «Wir wären bereit und hoffen eigentlich nur noch auf Zusagen der verschiedenen Kantone, insbesondere von Schaffhausen.»

Das Projekt owlly wird unterstützt vom Prototype Fund, eine gemeinsame Initiative von Opendata.ch und des Programms „Digitalisierung + Gesellschaft“ der Stiftung Mercator Schweiz. Skribble ist der Technologiepartner für qualifizierte & rechtsgültige Unterschriften.

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